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Gibt es Frauenpornos oder sind Pornos eine reine Männerdomäne?
Wer sich als Mann fragt, wie er seine Partnerin zum Anschauen von einem Porno animieren kann, erhält von einem bekannten Herrenmagazin (alles, was Männern Spaß macht) einige wirklich altbackene Verführungs-Tipps.
- Ein bisschen Alkohol soll bekanntlich enthemmend wirken: So sitzt sie nicht peinlich betreten vor dem Fernseher, sondern ist durch genügend Promille bereits ordentlich angeheizt.
- Starten Sie mit einem sanften Einstieg, um die Liebste nicht zu verschrecken. Erst nach dem Ende von Basic Instinct präsentieren Sie den Anfang von Alice im Ständerland.
- Bringen Sie es mit Ihrer Angebeteten auf eine ordentliche Beziehungsbasis wie “eine Hand wäscht die andere“ und machen Sie ihr deutlich: du guckst mit mir einen Porno, dafür gehe ich mit dir ins Theater. (Das Wort „dafür“ ist hier sehr bedeutend.)
Der letzte Feinschliff ist die im Augenblick noch fehlende Romantik. Legen Sie Champagner kühl (um die bislang erreichte Promille von oben noch zu steigern), sorgen Sie für eine angenehme Raumtemperatur (ab 24 Grad aufwärts) und reduzieren Sie das Licht auf eine ungefähre Helligkeit von 1 Lux. Das sollte reichen!
Viele Frauen haben vermutlich für derartige Anregungen nicht viel übrig. Sie gucken bereits Pornos, ganz selbstverständlich. Möglicherweise jedoch nicht immer die Gleichen wie die Männer.
ERIKA LUST: Fördert Lust die Lust?
Konventionelle Pornos dreht auch Erika Lust nicht. Ihr Name ist vermutlich ein Pseudonym, gewählt in Anlehnung an die gängigen Pornos. Die schwedische Drehbuchautorin und Regisseurin arbeitet in Barcelona und dreht dort ihre Pornos für Frauen. Sie gehört beinah jährlich zu den Preisträgerinnen des Feminist Porn Awards und wurde auch international für ihre Kurz- und Langfilme geehrt. Seit mehr als zehn Jahren ist Erika Lust im Pornofilmgeschäft tätig und dreht Frauenpornos als zeitgemäße Form der Erotik.
Auch ihr geht es um das Vergnügen der Frau. Die Betrachter ihrer Filme sollen sich mit den gezeigten Frauen identifizieren können. Cellulite, ein kleiner Bauch und nicht unbedingt die idealen Körpermaße, dürfen ihre Darstellerin vor der Kamera zeigen. Authentizität ist gefragt.
Geschichten, die sie verfilmt, sind nicht am Reißbrett entstanden. Verfilmt wird das, was Zuschauerinnen von ihren Fantasien oder Sex-Erlebnissen berichten. Erika Lust ermuntert ihre Darsteller noch während des Drehs, Leidenschaft zu zeigen. Handwerker-Pornos wie sie die gängigen Männerpornos nennt, kommen für sie nicht infrage.
Erika Lust arbeitet mit Modemarken, Maskenbildern, einer Set-Fotografin, Kamera- und Lichtassistentin zusammen, immer mit dem Ziel sich vom Massenpornomarkt abzuheben. Der Höhepunkt der Frau steht auch bei ihr im Focus.
Ihre Einstellung hinsichtlich der Männerpornos ist nicht von negativen Tendenzen gekennzeichnet. Gerechte Vielfalt lautet ihr Credo. Pornos für Frauen, weil Frauen anderes wollen und erregend finden.
Eine feministische Zensur ist damit nicht verbunden. Frauen sollen nicht als Accessoire, sondern als Persönlichkeit dargestellt werden und ihr Erfolg gibt ihr Recht. Ihre Produktionsfirma hat sich zu einem profitablen Unternehmen entwickelt.
PETRA JOY: Mit Joy dabei
Petra Joy ist eine der Frontfrauen des deutschen Frauenpornos. 1964 in Kempten geboren, studierte sie an der Uni Köln Theaterwissenschaften, war Filmverkäuferin, Fotografin und Autorin ehe sie als Regisseurin begann, Pornos für Frauen zu drehen. Pornos werden nach ihrer Meinung von Männern für Männer gemacht und berücksichtigen nicht die weibliche Phantasie. Das Ende jeden Pornos ist der Blowjob mit anschließender Ejakulation auf Gesicht, Auge, Brust oder anderen Körperstellen der Frau.
Das Konzept des Männerpornos ist simpel: Frau verwöhnt, Mann genießt.
Frauen haben durchaus visuell geprägte Phantasien. Für sie sind schöne Bilder wichtig. Der Porno für Frauen wird von Joy als Kunstwerk verstanden.
Von der Feministin zur erotischen Künstlerin
In den 80er-Jahren in der Anti-Porno-Bewegung aktiv, ist es heute Joys Ziel, in ihren Filmen reale Frauenphantasien zu zeigen, von Freundinnen, Bekannten, sich selbst. Löcher zu stopfen ist nach ihrer Ansicht reine Männerphantasie. Obwohl sie Sex immer mochte, waren ihr die klassischen Männerpornos zuwider. Seit zwanzig Jahren interviewt sie Frauen hinsichtlich ihrer sexuellen Wünsche und hat Bücher über ihre Erkenntnisse geschrieben. Die meisten Frauen fühlen sich von den Männerpornos eher abgestoßen, manche auch nicht. Die Geschmäcker sind verschieden.
Die weiblichen Darsteller von Joy haben in den Filmen Gelegenheit, ihre eigenen Vorstellungen auszuleben. So ließ sich eine Darstellerin von zwei Frauen im Matrosenkostüm verwöhnen. Auch das ist Mainstream, allerdings ohne Silikonbrüste, Acrylnägel und dem ständigen Blick in die Kamera. Joys Frauen dürfen tatsächlich lieben und bei sich bleiben. Für Joy muss Sex vor der Kamera authentisch sein, ohne Vorgaben. Bei Frauen, die sich nur für die Kamera berühren, spürt jeder, dass es nicht echt ist. Und so soll es nicht sein
Solche Umsetzungen klingen nach einer Art Dokumentation, Zuschauer nicht nur weibliche gibt es dennoch.
„Zeig mir, worauf du Lust hast und ich filme dich dabei.“
Die Suche der Darsteller gestaltet sich bei Joy oft schwierig. Sie möchte keinen Mann mieten, der toll aussieht und einfach rammeln will. Weder bei den Männern noch bei den Frauen sind Bedingungen für die Teilnahme an ihren Filmen an die äußere Erscheinung geknüpft. Wichtig ist ihr, zu zeigen, dass die Frauen auch wirklich kommen und die Erregung darzustellen, die sich aufbaut. Vorspiel, aber auch Hardcore, gibt es in ihren Filmen zu sehen und auch die Ejakulation des Mannes, die allerdings nie über dem Gesicht der Frau stattfindet, weil das nach Joy viele Frauen als demütigend empfänden.
Ihre Filme werden gesehen, nicht nur von Frauen. Kommerzieller Erfolg bleibt trotzdem aus, dafür sind ihre Zugeständnisse an die Pornoindustrie zu rudimentär bis gar nicht vorhanden. Das Bild von Sexualität für viele Menschen verändert zu haben, darauf ist Joy allerdings stolz.
ANNA FUBUKI: Von Demut zur Stärke
Anna Fubuki dreht Frauenpornos in Japan auch für Männer. Ihre Herangehensweise unterscheidet sich nicht von der ihrer männlichen Konkurrenten. Ihr Anspruch ist allerdings, das in Japan herrschende Frauenbild zu ändern.
Nicht die demütige Frau ist gefragt, sondern die Starke. Den Männern ein wenig Angst zu machen, ihnen schöne und unabhängige Frauen zu präsentieren, empfindet sie als Aufgabe.
Ihre Frauenpornos sprechen Männer an, vor allem, wenn die unterschwellige Botschaft nicht zu offensichtlich ist. Nicht zuletzt dreht Anna Fubuki ihre Pornos für Frauen für die eigene sozieale Weiterentwicklung. Mit Geld und Unabhängigkeit in einem Land, in dem die Stellung der Frau immer noch unter der des Mannes steht, will sie auch ihre eigene Rolle verbessern. Ihr Vorbild ist Madonna. Erfolgreich und schön.
Der Frauenporno von Petra Joy und Erika Lust wird von Männern möglichweise nicht als richtiger Porno gewertet. Bei Anna Fubuki sieht es anders aus. Ob Frauen sich tendenziell nur von ausgereiften Skripten ohne Aneinandereihung von Fickszenen erregen lassen, sei dahin gestellt. Welche Art von Porno Sie animiert, ist Ihnen überlassen. Leben Sie einfach Ihre Lust!
Bilder von John Goodridge Lies thru a lense über Flickr mit CC BY 2.0 Lizenz