Nicht zuletzt aufgrund archäologischer Entdeckungen weiß man heute, dass es Sexspielzeug schon in tiefster Vergangenheit gab. Ob historisches Sexspielzeug zu „seiner Zeit“ gesellschaftlich akzeptiert wurde oder als verpönt galt, lässt sich nicht zweifelsfrei belegen. Wahrscheinlich war der Umgang mit den Toys auch immer abhängig von der jeweiligen Epoche und Kultur.
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Nicht der Größte, aber der Älteste: Der schwäbische Steinzeit-Dildo
Sexspielzeug hat vermutlich schon deutlich eher Einzug in die Schlafgemächer gehalten, als bislang angenommen wurde. Darauf deutet ein Fund hin, den Archäologen in einer Höhle am Rande der Schwäbischen Alb machten. Sie stießen bei ihren Forschungen auf mehrere Steinfragmente und setzen sie in mühevoller Kleinstarbeit wieder zusammen.
Das Ergebnis ist ein
19 Zentimeter langes, | 28 Millimeter dickes | und 287 Gramm schweres |
War der Steinzeit-Dildo ein Arbeitsgerät oder ein historisches Sexspielzeug?
Ob das steinerne Objekt jedoch von Frauen und/oder Männern genutzt wurde, um sich zu stimulieren bzw. zu verwöhnen, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Sicher ist aber, dass es sich um einen Gebrauchsgegenstand gehandelt haben muss. Der Steinpenis ist poliert und geschliffen. Die Archäologen halten es auch für möglich, dass sich um ein Arbeitsgerät gehandelt hat, unter anderem um Waffen aus Feuerstein herzustellen.
Dem Phallus wurde schon immer große Macht zugeschrieben. Diese Macht sollte sich auf die Werkzeuge und Waffen übertragen, um beispielsweise erfolgreicher bei der Jagd zu sein.
Das mutmaßen zumindest die Wissenschaftler. Acht Jahre haben sie benötigt, um aus den 14 Einzelteilen den Steinzeit-Dildo zu rekonstruieren. Der älteste Fund dieser Art, eine nackte Dame, ist übrigens 35.000 Jahre alt.
Dass in nahezu jeder Epoche der Menschheitsgeschichte Sexspielzeuge verwendet wurden, ist den Forschern hinlänglich bekannt. Darauf weisen Zeichnungen, Notizen und teils sogar griechische Komödien hin, in denen die Darstellerinnen sich über acht Zoll lange Dildos unterhalten (acht Zoll entsprechen rund 20,3 Zentimetern).
Was allerdings 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung noch als normal galt, war spätestens im 11. Jahrhundert nach Christus Sünde und wurde hart bestraft.
Dabei haben sich nachweislich sogar Nonnen mit Sexspielzeug vergnügt. Das geht aus den Papieren eines Pariser Bordells aus dem Jahr 1783 hervor. Das Etablissement stellte laut diesen Unterlagen auch Dildos her und verschickte sie an zahlende Kunden. Einige dieser „Consolateurs“ (Tröster) wurden auch an Nonnenklöster geliefert.
Dildo Zeitreise: Manch ein historisches Sexspielzeug war aus Ton und Marmor
Ob es sich bei dem Phallus aus der schwäbischen Höhle nun wirklich um historisches Sexspielzeug handelt oder nicht:
3.000 Jahre hat historisches Sexspielzeug bereits mindestens auf dem Buckel.
Im Laufe der Zeit änderten sich nicht nur Optik und Materialien, sondern auch die Anwendungsbereiche.
Die Dildo Zeitreise zeigt, dass der Dildo in der hellenistischen Ära – seinerzeit als Olisboi bezeichnet – in erster Linie die voyeuristische Ader der Menschen befriedigte. Statt für die Masturbation wurde der Lustspender für die rituelle Stimulation der Frau durch den Mann benutzt.
- Aus Ton,
- innen hohl und
- mit warmem Wasser gefüllt,
nahm der Dildo bereits bei den alten Griechen jede nur erdenkliche Form an. Auf Vasen finden sich zum Beispiel Bildnisse, die Olisboi mit zwei Enden für vaginale und anale Reize zeigen.
Kleopatra war nicht minder kreativ, wenn es um historisches Sexspielzeug ging. Sie besaß Dildos aus Marmor und einen ganz speziellen Vibrator: Eine Papyrustüte, in die Bienen gefüllt wurden. Damit strich sich der letzte weibliche Pharao über die Klitoris. Was heute eindeutig als Tierquälerei bestraft würde, wurde damals anders bewertet. Elektrizität gab es noch nicht, also behalf man sich mit anderen Dingen, die zur Verfügung standen.
Wie der Dildo wurde, was er heute ist
Auch aus späteren Jahrhunderten sind spektakuläre Funde bekannt. Eine beeindruckende darunter stammt aus Danzig. 250 Jahre hat der 20 Zentimeter und recht pralle Lederdildo mit Holzkopf und nachgebildeten Hoden auf dem Buckel. Warum er in einer Latrine landete und von wem er benutzt wurde, lässt sich wohl nicht mehr rekonstruieren.
Sicher ist nur, dass es in die Kategorie Sextoys eingeordnet werden kann. Die Forscher sprechen von einem „Qualitätsprodukt“. Für Handwerkskunst dieser Art müsste man auch heute noch tief in die Tasche greifen. Vor allem muss man bedenken, dass die Menschen zur damaligen Zeit meist nicht sonderlich vermögend waren und daher nur selten Geld für derlei Luxusartikel erübrigen konnten.
Der Hersteller von einst hätte heute wohl Hochkonjunktur.
Denn die Nachfrage nach Sexspielzeugen ist größer denn je. Auf der Trend-Seite der aktuellen „Fit for fun“ geben zwar sechs Personen bzw. Paare an, keine Sextoys zu benutzen. Doch es klingt zumindest ab und an ein wenig Interesse durch, es vielleicht doch einmal zu probieren.
Zurück in die Geschichte.
In der Renaissance wurde aus dem Sexspielzeug ein medizinisches Gerät. Mit dem Dildo behandelten die Ärzte Melancholie, erotische Fantasien und Nymphomanie. Der weibliche Orgasmus wurde quasi zum Allheilmittel und selbst bei Atemnot und Schlaflosigkeit verordnet. Sexspielzeug auf Rezept wäre vielleicht heute noch eine Überlegung wert.
Die Weiterentwicklung: Historischer Vibrator aus Metall und Zelluloid
Auch der Erfinder Dr. Benjamin Boyd aus den USA hatte weniger ein Penis-Double als eher das psychische Wohlergehen seiner Patientinnen im Sinn, als er aus Metall und Zelluloid den ersten Vibrator entwickelte. An der Form feilte er später noch ein wenig und gab den Sexspielzeug-Herstellern von heute eine Steilvorlage für eines der meistverkauften Produkte der Branche. Natürlich deutlich moderner, aus weicherem Material und der Option, die Vibrationen stufenlos einzustellen.
Daraus resultiert bei richtiger Anwendung mal tiefe Entspannung, meist aber ein wohliger Orgasmus.
Die Hersteller dieser Lustbringer sind heutzutage sehr kreativ und bringen Vibratoren mit unterschiedlichen Formen und Farben auf den Markt. Diese Vielfalt kommt natürlich auch den Kunden sehr entgegen, denn die Sexshops verfügen über Toys die jeden Geschmack treffen. Ob Dr. Benjamin Boyd geahnt hätte, dass sein Vibrator einst als historisches Sexspielzeug gelten würde?
Eines der neueren Sextoys mit dem Ur-Vibrator zu tauschen, käme den meisten Frauen sicher nicht in den Sinn.
Die elektrischen Instrumente des Dr. Boyd sind heute aber begehrte Sammlerstücke. Derlei historisches Sexspielzeug wird entsprechend teuer gehandelt, wie jüngst bei Christi´s in Kensington.
Die Bieter bei dieser Auktion lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bis der Hammer schließlich bei etwa 2.000 Euro fiel. Der glückliche Käufer hält jetzt ein Stück Medizin-Geschichte in Händen. Denn die Vibratoren kamen im Laufe der Jahre in immer mehr Arztpraxen zum Einsatz. Wann der heilende zum lustvollen Zweck wurde, lässt sich leider nicht mehr exakt nachvollziehen.
Historisches Sexspielzeug ist mehr als lusterfüllend
Historisches Sexspielzeug ist längst Gegenstand mehrerer Wissenschaften und dient somit nicht nur der Lust.
- Historiker interessieren sich zum Beispiel für ältere Modelle, auch Vintage-Vibratoren genannt, die aus Stein gehauen wurden.
- Soziologen verfolgen die Trends und werten sie aus, etwa das größere Interesse an Peitschen, Handschellen und generell Sado-Maso.
- Sexualwissenschaftler schauen genau hin, ob und wie Dildo, Vibrator und Co. sich auf das Liebesleben auswirken.
Viele dieser Aspekte gehen Hand in Hand, wenn Sexspielzeug in einem Museum ausgestellt wird. Das „Antique Vibrator Museum“ in San Francisco konzentriert sich dabei ganz auf die Vintage-Vibratoren.
Ein Museum für Vintage-Vibratoren von 1890 – 1970
Kuratorin ist die Sexualwissenschaftlerin Carol Queen. Zu den Exponaten erklärt die Expertin:
„Die Ausstellung kontextuiert die Rolle des Vibrators in der Gesellschaft und zeigt auf, wie sich unsere Haltung rund um Sex und weibliche Lust entwickelt hat.“
Zu sehen sind Geräte aus der Zeit von 1890 bis 1970. Gesammelt wurden sie von den Inhabern eines Sexshops namens „Good Vibrations“ mit fünf Filialen. Der Grund, warum die Sexspielzeuge jetzt im Museum gelandet sind: Sie gelten als „vintage“ und werden inzwischen von vielen Antiquitäten- und Kuriositätenläden verkauft. „Wir haben daher beschlossen, diese Vintage-Vibratoren besser zu präsentieren“, so Carol Queen.
Die Ausstellung umfasst immerhin 300 Quadratmeter und befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Sexshop, aus dem die Geräte stammen.
Der Eintritt ist frei. Dass es sich auch rentiert, dafür sorgen die Verkäufe der neueren Modelle gleich nebenan, nachdem sich die Besucher ein wenig haben inspirieren lassen.
Die modernen Vibratoren sind vermutlich deutlich leichter zu handhaben als die Vorgänger. Sie funktionierten teils noch mit Kurbel und waren anfangs ausschließlich medizinischen Zwecken vorbehalten.
Manche Ärzte, so die Kuratorin, hätten in den Vibratoren ein Allheilmittel gesehen, mit dem sie sogar Tuberkulose behandelten.
Frauen stehen auf Sexspielzeug-Klassiker
Umfragen zu den Themen Sex und Lust sind inzwischen kein Tabu mehr und viele Deutsche sind auch durchaus bereit auf die Fragen zu antworten – offen, ehrlich und ohne falsche Scham. Das belegt eine Studie der Dating-Plattform Secret, an der 5.500 Mitglieder teilnahmen.
- Demnach haben 80 Prozent der Bundesbürger bereits Sexspielzeug benutzt oder zumindest erste Erfahrungen damit sammeln können.
- Ein wenig die Nase vorn haben diesbezüglich die Damen. Sie kommen auf eine Quote von 95 Prozent. Bei den Männern liegt der Wert immerhin bei 83 Prozent.
Sexspielzeug-Klassiker stehen dabei noch immer hoch im Kurs.
Diese Zahlen in den Studien lassen eine ausgeprägte Experimentierfreude vermuten. Letztlich beschränken sich die meisten aber auf die Sexspielzeug-Klassiker.
Das sind
,
Dildos, | Vibratoren | Kondome mit Noppen und | sexy Wäsche. |
Besonders Frauen schwärmen für die Freudenspender aus Plastik, Gummi oder Silikon.
37 Prozent möchten im Bett – oder wo auch immer die Lust ruft – nicht mehr auf die kleinen Helfer aus dem Sexshop verzichten. Ebenso wichtig ist den weiblichen Umfrageteilnehmern, dass sie sich für den Spaß zu zweit in Reizwäsche präsentieren.
Männer sind in dieser Hinsicht nicht ganz so anspruchsvoll. Lediglich 11,4 Prozent halten Dessous beim Sex für unentbehrlich.
Fesselnde Ideen sind weitgehende Frauensache
Einen Schritt voraus sind die Damen den Herren der Schöpfung auch in puncto Fesselspiele. 12,4 Prozent der Frauen stehen auf Sexspielzeug-Klassiker wie Handschellen und Knebel, um die Lust zu steigern (Männer: 11,3 Prozent). Interesse daran haben, ausgelöst durch den Roman „Shades of Grey“, deutlich mehr Paare. Noch trauen sie sich aber nicht, die Fantasie auch in die Realität umzusetzen.
Auf der Sex-Wunschliste ganz oben stehen allerdings andere Dinge.
- 18,9 Prozent der Männer und 23 Prozent der Frauen würden gerne eine Liebesschaukel ausprobieren und erhoffen sich von dem Sexspielzeug einen zusätzlichen Kick.
- Gar kein Interesse an den Toys haben lediglich 13,9 Prozent der Befragten.
Das steigende Interesse an Sexspielzeug-Klassiker lässt sich außerdem auf die neue Offenheit in der Gesellschaft bzw. in den Beziehungen zurückführen. Obwohl Sex in manchen Kreisen immer noch zu einem Tabuthema zählt, sprechen Paare deutlich offener über ihre Wünsche und Fantasien.
Auch Liebeskugeln sind historisches Sexspielzeug
Auch wenn man es angesichts moderner, durchgestylter Liebeskugeln kaum glauben mag, kennt man die Vorgänger bereits seit vielen Jahrhunderten. Schon damals erkannte man, dass Liebeskugeln vor allem ein gutes Beckenbodentraining ermöglichen. Die sexuelle Stimulation war lange Zeit eher ein nicht unwillkommener Nebeneffekt.
Beim Material griff man dereinst logischerweise auf natürliche Materialien zurück. Holz oder runde Steine sind gute Beispiele dafür. Heute werden Liebeskugeln aus Metall, Kunststoffen oder Silikon hergestellt. Doch mittlerweile wird auch ein Trend zurück erkennbar. Holz ist, entgegen aller hartnäckigen Vorurteile, ein sehr angenehmes und hygiensches Material. Jedenfalls dann, wenn es richtig behandelt und stets sauber gehalten wird. Und auch Edelsteine wie Amethyst oder Rosenquarz lassen sich so schleifen, dass sie zu perfekten Liebeskugeln werden.
In den meisten Fällen handelt es sich bei Liebeskugeln heutzutage um zwei identische Kugeln, die mittels Bändchen miteinander verbunden sind und zudem über ein Rückholband verfügen. Für ein Beckenbodentraining werden derlei Kugeln auch von Frauenärzten verordnet und sind folgerichtig sogar in der Apotheke erhältlich.
Sextoys – schon immer präsent und dennoch verpönt
Doch warum werden Sextoys bisweilen kategorisch abgelehnt oder einfach nur belächelt? Aus Scham, Scheu oder vielleicht dem Gedanken, dass man zu alt für Spielzeug ist? Die Toys mit Bausteinen gleichzusetzen, ist vermutlich nicht einmal falsch.
Spielen regt die Fantasy an und fördert die Kreativität.
Im Bett kann es gewiss nicht schaden, immer wieder neu auf Erkundungstour zu gehen, neue Reize zu setzen und dafür auf Sexspielzeuge zurückzugreifen. Sie können dem Sexleben neuen Schwung geben – oder aber der eigenen Sexualität auf die Sprünge helfen.
Frauen, die Probleme haben zum Orgasmus zu kommen, haben mit Dildos, Vibratoren und diversen anderen Sextoys die Möglichkeit, den eigenen Körper zu erkunden.
Was gefällt mir? | Wie reagiere ich auf Berührungen? | Wo sind sie am erregendsten? |
Das ist wichtig zu wissen. Auch Männer können von Sexspielzeugen profitieren. Angenommen, ein Mann entlädt sich vor lauter Aufregung ständig zu früh. Hier kann regelmäßiges Üben mit dem Masturbator – teils speziell zum Trainieren ausgelegt – helfen. Gerne auch gemeinsam mit der Partnerin oder dem Partner. Das hat nichts mit Spielerei zu tun, sondern hat einen handfesten Nutzen.
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